Funk aus dem Eis: Wie DP0GVN auf der Neumayer-Station III mit der Welt verbunden bleibt
Es ist Abend im Shack. Du drehst am VFO, die Kaffeemaschine faucht ein letztes Mal und im DX-Cluster blinkt ein Rufzeichen, das sofort Aufmerksamkeit weckt: DP0GVN.
Hinter diesen fünf Zeichen steckt kein Urlaubsort und kein Contest-Bonusstandort, sondern ein Ort, an dem der Wind die Luft zu Nadeln formt und der Sonnenuntergang wochenlang ausbleibt: die deutsche Antarktisforschungsstation Neumayer-Station III. Für ihre Crew ist Funk nicht nur ein Hobby – sondern Sicherheitsinstrument, soziale Brücke und technisches Experimentierfeld.
Dieser Artikel zeigt wie dort kommuniziert wird, welche Rolle DP0GVN im Amateurfunk spielt und wie du selbst eine Verbindung herstellen kannst.
Inhaltsverzeichnis
Die Neumayer-Station III im Portrait
Neumayer-Station III steht auf dem Ekström-Schelfeis der Antarktis – nicht in der Arktis. Diese Klarstellung ist wichtig, weil beide Pole oft verwechselt werden.
Die Station wurde 2009 eröffnet und wird vom Alfred-Wegener-Institut (AWI) betrieben.
Kurzprofil
| Merkmal | Angabe |
|---|---|
| Standort | Ekström-Schelfeis, ca. 70.7°S / 8.3°W |
| Betreiber | AWI Helmholtz-Zentrum |
| Seit | 2009 in Betrieb |
| Konstruktion | Gebäude auf hydraulisch hebbaren Stützen |
Das Besondere: Die Station steht nicht auf Fels, sondern auf bis zu 200 Meter dickem Eis, das Richtung Meer driftet. Die hydraulische Bauweise verhindert, dass sie im Schnee versinkt – ein bisher einzigartiges Polarforschungskonzept.
Warum Funk im ewigen Eis unverzichtbar ist
Stell dir vor, du wärst dort:
- Stürme, Null Sicht,
- keine Nachbarstation nebenan,
- Flugzeuge und Schiffe erreichbar – aber nur saisonal.
Hier ist Funk:
✔ Sicherheitsnetz
✔ logistische Infrastruktur
✔ Werkzeug der Forschung
✔ Stimme zur Außenwelt
Die Kommunikationswege sichern:
- Alarmierung bei Unfällen und medizinischen Notfällen,
- Datenübertragung aus Außenstationen und Laboren,
- Koordination mit der Polarstern und Versorgungseinheiten,
- Kontakt zu Familien und Freunden – wichtig für die Psyche während langer Polarnächte.
„Funk ersetzt hier manchmal eine Umarmung“, sagte ein früherer Überwinterer in einem Presseinterview – ein Satz, der hängen bleibt.
Kommunikationstechnik der Station
Satellitenlink & Internet
Das Rückgrat bildet ein Satellitenlink zum AWI in Bremerhaven:
- Forschungsdaten
- Internet
- Telefonie
laufen darüber.
Backup-Systeme: Satellitentelefone stehen bereit, falls das Hauptsystem ausfällt. Öffentliche Quellen nennen keine exakten Bandbreiten – diese Detailinformation konnte nicht abschließend verifiziert werden.
Funk bei Forschung & Sicherheit
Für Außeneinsätze nutzt die Station klassische Funktechnik:
- UKW-Handgeräte bei Eisfahrten, Außenlaboren, Schneevermessung
- Datenfunk zu Messinstrumenten
Das unterstreicht: Selbst im Zeitalter des Satelliteninternets bleibt direkter Funkbetrieb ein Kernsystem.
DP0GVN – Amateurfunk am Ende der Welt
Rufzeichen & Status
DP0GVN ist die Amateurfunkstation an der Neumayer-Station III.
Sie ist als deutsches Clubrufzeichen geführt.
Sie zählt zu den seltensten Stationen im Logbuch eines Funkamateurs.
Wer funkt dort?
Laut aktuellen Amateurfunkberichten betreut DL2ALY die Station während der 45. Überwinterung.
Welche Betriebsarten laufen?
Öffentlich dokumentiert sind:
- Digimodes auf mehreren HF-Bändern,
- SSB auf 20 m,
- Betrieb über den geostationären Amateurfunksatelliten QO-100.
Für Funkamateure weltweit ist QO-100 das Tor zur Station: stabil, verlässlich, unabhängig von Polarausbreitungen.
Polarbedingungen: Funken unter Extrembedingungen
Ein QSO mit DP0GVN ist keine „normale“ Verbindung.
Der Weg geht über hohe geomagnetische Breiten – dort treten Effekte auf, die HF-Signale drastisch verändern können:
- Polar-Cap-Absorption: Sonne schleudert Protonen → Ionisation → HF-Signale werden gedämpft oder ausgelöscht.
- Aurorale Absorption: Polarlicht stört die Ionosphäre.
- schwankende MUF-Werte: Frequenzen springen plötzlich, Fenster öffnen und schließen sich in Minuten.
Was bedeutet das praktisch?
- Ein QSO läuft plötzlich brillant – oder bricht sofort ab.
- Verbindungen können tageweise unmöglich sein.
Darum nutzen Überwinternde und Funkamateure zunehmend QO-100, dessen Signal nicht durch Polarstürme beeinflusst wird.
Wie du DP0GVN erreichen kannst
1. Kurzwelle (HF)
Berichten zufolge ist DP0GVN:
- auf Digimodes aktiv,
- gelegentlich in 20 m SSB,
- meist in den UTC-Abendstunden.
Praktische Tipps:
- DX-Cluster beobachten
- kurze und klare Durchgänge
- Geduld bei starken Signalwechseln
2. QO-100
Qatar-OSCAR 100 (Es’hail-2):
- geostationär, 26° Ost,
- Downlink: 10,489 GHz,
- Uplink: 2,4 GHz.
Typische DL-Station:
- 60–90 cm Schüssel
- 2,4-GHz-Uplink mit einigen Watt
- Transverter nach AMSAT-DL Konzept
Wichtig: Nicht stärker senden als die Beacon-Signalstärke – Fairness ist auch bei Antarktis-QSOs ein Thema.
Fazit: Mehr als ein seltenes DXCC
Neumayer-Station III ist:
- Forschungsbasis,
- technisches Meisterwerk,
- extremster Arbeitsplatz.
Für Funkamateure ist DP0GVN:
- Ausbreitungslabor im Polarbereich,
- Beispiel moderner, redundanter Kommunikation,
- ein emotionales Ziel – denn hinter jedem QSO steht ein kleiner Kreis Menschen, isoliert in der Dunkelheit.
Ein QSO mit DP0GVN ist ein Stück gelebter Amateurfunkgeschichte.
FAQ
Liegt Neumayer III in der Arktis oder Antarktis?
In der Antarktis.
Welches Rufzeichen nutzt die Station?
DP0GVN.
Welche Betriebsarten laufen?
Digimodes, SSB auf 20 m und QO-100 Betrieb.
Gibt es feste Skeds?
Öffentlich nicht dokumentiert – Aktivität hängt von Besatzung und Bedingungen ab.
Diese Information konnte nicht abschließend verifiziert werden.
Warum ist QO-100 wichtig?
Er bietet stabile Verbindungen, unabhängig von Polar-HF-Störungen.



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